Du holde Kunst - over de liedkunst

Du holde Kunst zijn de eerste woorden van An die Musik, een van de mooiste en meest bekende Schubert-liederen. An die Musik gaat over de troost die de ‘holde Kunst’ (hold, uit te spreken met een korte ‘o’ als in ‘hol’). Hold betekent volgens Van Dale alleen lieflijk, maar in de Duden vinden we ook als tweede betekenis genadig, dienstbaar, goed gezind. In de Duitse literatuur worden hold en lieblich ook wel samen gebruikt, dus waarschijnlijk zingt de tweede betekenis mee in de eerste.*

Du holde Kunst werd op vrijwel iedere Schubertiade gezongen en is het laatste Schubert-lied dat Fritz Wunderlich uitgevoerd heeft, kort voor zijn veel te vroege dood. Het is ook de titel van een boek van Maarten ‘t Hart, dat op zijn beurt echter weer zijn titel ontleend heeft aan het Schubert-lied.

Op deze site is de lieflijke kunst waaraan gerefereerd wordt, de liedkunst. De term liedkunst klinkt een beetje ouderwets, maar het zal duidelijk zijn dat het hier om kunst en liederen gaat. Het is echter niet zozeer de kunst van het zingen van liederen, als wel die van het zingen van kunstliederen, van liederen die tot de kunst gerekend worden. Vrijwel altijd zijn dat liederen uit de klassieke muziek en voor het overgrote deel stammen ze uit de romantiek.

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Du holde Kunst - over de liedkunst

Angelika Kirchschlager:
'Das ist ein extremes Dasein, auf der Bühne zu stehen'

(Duitse, zeer lange versie, kortere Nederlandse en Engelse versies zijn nu in de maak)

foto:  Nikolaus Karlinsky

Angelika Kirchschlager erscheint am Morgen nach dem Konzert genau an der verabredeten Zeit zum Interview. Sie ist casual gekleidet, schaut mich sehr direkt und freundlich na und ähnelt der Diva die wir von den Publizitätsbildern kennen kaum oder gar nicht. Sie ist morgens früh fast ohne Make-Up immer noch eine schöne Frau, aber viel weniger auffallend. Vor allem macht sie den Eindruck ‚down to earth‘ zu sein, wie die New York Times von ihre sagte, bodenständig. Am 30. November 2012 gab sie einen Liederabend im Muziekgebouw aan ’t IJ in Amsterdam (Besprechung hier). Am Morgen nach dem Konzert hatte ich ein Interview mit ihr, das anfing mit einigen kurzen Fragen.

Klangschönheit oder Expressivität?

Expressivität.

Manche Sänger lieben es wirklich zu vokalisieren, also irgendwelche Übungen zu singen, mehr noch als Lieder zu studieren. Also: Lieder oder Vokalisen?

Die Lieder auf alle Fälle.

Vielleicht eine Überflüssige Frage in Ihrem Fall, wenn auch nicht für alle Leser: Lied oder Oper?

Lied.

War das immer so? Ihre Karriere hat ja nicht so angefangen.

Es hat natürlich mit Oper begonnen, ich glaube, jede fast Kariere beginnt mit Oper. Es gibt auch welche die nur im Konzertfach bleiben. Im Allgemeinen ist’s so das man über die Oper bekannt wird, weil die meisten sich für die Oper interessieren. In Opera News kommt man eher mit der Oper und weniger mit dem Lied.

Aber die Liebe für das Lied war schon immer da.

Ja, ich hatte immer Lehrer die mich Lieder singen haben lassen, das ist auch ein Grund. Und in Wien ist man so nahe dran an Schubert, als Österreicher vielleicht. Ich glaube es ist für eine Italiener schwerer um an Schubert heran zu kommen.

Dann: Text oder Musik?

Ehhh, Text. Es ist der Text, der war ja auch vor dem Lied da, der war ja auch die Grundlage für die Komponisten. 

Schubert oder Mahler?

Schubert.

Bei den Tempi hat man hat innerhalb eines bestimmten Rahmens immer die Wahl. Würden Sie dann eher das Tempo ein bisschen schneller nehmen oder ein bisschen langsamer?

Das ist schwer. (Nachdenklich): Lieber zu langsam als zu schnell. Ich glaube es ist leichter ein zu langsames Lied noch mit Emotion und mit Spannung zu füllen, als ein zu schnelles Lied zu entsträußen. Ein zu schnelles Tempo kann ich nicht mehr gutmachen, aber ein zu langsames Tempo kann ich versuchen zu füllen.

Und wenn’s wirklich um die Wahl des Tempos als interpretatorische Entscheidung geht?

Tempo ist wahnsinnig wichtig ja. Jeder Sänger hat sein eigenes Tempo, der hat seine Körperabläufe seine Empfindungen und davon hängt das Tempo ab, ich kann jetzt nicht sagen langsam oder schnell, das kommt wirklich aufs Lied an.

Mögen Sie lieber ein Publikum dass Sie verehrt aber vielleicht nicht so ganz viel Ahnung hat, oder ein Publikum mit viel Wissen, dass aber ziemlich kritisch ist? (Anscheinend war das eine schwierige Frage, dann Angelika Kirchschlager atmet erst tief ein vor Sie antwortet)

Also, mein liebstes Publikum ist das Publikum das…, das (denkt nach) offen zuhört. Es wäre natürlich schön wenn auch Leute die viel Wissen noch offen zuhören können, ja. Womit ich gar nichts anfangen kann, ist ein wissendes Publikum, und dann noch kritisch dazu… Ist auch gut kritisch, aber…

Voreingenommen vielleicht?

Voreingenommen,  es gibt welche im Publikum die wissen es besser als ich und diese Besserwisser mag ich gar nicht. Ich liebe wissendes Publikum, ich finde es wunderbar wenn Leute viel über Schubert wissen oder über Musik im Allgemeinen oder über die Textgestaltung. Gebildetes Publikum finde ich sehr wünschenswert, ich finde eine gebildete Menschheit sehr wünschenswert. Es ist aber immer schade wenn einem das Wissen im Weg steht um sich einfach zu öffnen um das auch sich einwirken zu lassen.
Ich habe jetzt im Juni eine Tour durch Österreich gemacht, und das war Publikum, da waren die meisten noch nie in einem Liederabend! Das war für mich eine unglaubliche Erfahrung , das die einfach zugehört haben. Ich bin ja jemand der auf die Menschen zugeht, und ich will etwas geben. Singen ist ja nur ein Mittel um etwas zu vermitteln. Es geht ja nicht um den Gesang, und um was ist richtig und was ist falsch, das Wichtigste ist dass die Botschaft ankommt. Das war jetzt ein lange Antwort für die kurze Frage. Aber ist es wichtig, (ganz leicht ironisch), es muss gesagt werden.

Noch ein Frage zum Publikum: hier in Holland gibt’s immer weniger Leute die Deutsch verstehen, in England und in den Staaten noch weniger. Das Publikum in Deutschsprachigen Ländern hat’s da leicht, die kriegen ja viel mehr mit von dem was sie singen. Dann gibt’s auch noch die Leute die die ganze Zeit ins Textbüchlein hereinschauen. Wie stehen Sie zu alldem?

Nun ja, optimal ist es natürlich wenn das Publikum  die Sprache spricht in der ich singe, wenn ich auch so deutlich singe das sie nicht ins Programm schauen müssen und alles verstehen und sowohl akustisch als auch optisch dabei sein können.  Das ist optimal. Ich versuche aber sonst auch für fremdsprachiges Publikum, auch wenn ich Deutsch in Spanien singe, oder in England, so deutlich zu singen und so den Inhalt klar zu machen, dass man auch ohne dass man die Worte versteht, Wort für Wort, zumindest merkt was passiert. Das ist jetzt eine Herausforderung, dass es auch ankommt ohne das die Menschen vielleicht getroffen sind von der Verbindung van den Worten mit der Musik. Die Musik ist auch eine Lautmalerei und meine Emotionen kommen in jedem Fall durch, auch wenn man nicht weiß,  was es wirklich heißt. Das ist noch eine weitere Dimension, da bin ich noch am Experimentieren.
Ich glaube dass Menschen im Publikum gerne Menschen auf der Bühne sehn, oder ganz allgemein, nicht nur auf der Bühne sondern auch im Zug oder wo auch immer, die lebendig sind, oder die sich zeigen. Und dann ist es, glaube ich spannend wenn man einen Menschen sieht der tut, der sich öffnet und der sich zeigt, einfach. So wie im Zirkus. Das ist ein extremes Dasein, auf der Bühne zu stehen, das ist um Grunde völlig verrückt. Das sich einer hinstellt, ich denke immer wieder: da stellt man sich hinauf, und da schauen einen dann sieben hundert, oder neun hundert, je nachdem Menschen an. Die sitzen unten und schauen, auf *einen* Menschen, der entweder singt oder er macht auch Kunststücke, aber er macht immer etwas macht was auch schief gehen kann. In der Oper ist es dann auch noch eine körperliche Verausgabung, wenn man so hohe Töne singt, vor allem bei den Tenöre, diese Töne kann man nur singen unter kompletter Selbstaufgabe. Diese Kraft, das ist an sich ein sehr intimer Vorgang glaube ich ja, das in aller Öffentlichkeit zu tun und  ich glaube deswegen reißt das die Leute auch mit. Deswegen kriegt der Tenor nach seiner Aria einen riesigen Applaus. Man sieht ja, die Adern kommen heraus, er muss wirklich darum kämpfen. So ist das beim Liedsingen auch, oder beim Schauspielen.

Haben Sie das Gefühl Sie stellen sich da selbst dar, oder sind Sie das Mädchen beim Nussbaum?

Nein, überhaupt nicht. Ich glaube ich habe da eine Distanz bekommen.

Und bei der Interpretation, wenn Sie sich die Partitur anschauen, wenn Sie den Text lesen?

Also, ja, natürlich! Ich muss eigentlich auch vorher schon durch diese ganzen Emotionen auch durch, oder sie empfinden können um sie dann auch weiter zu geben. Es ist ja einfach interessant herauszulesen aus diesen Liedern, deswegen mag ich Lieder auch so gerne,  weil ein genialer Komponist, ein sehr oft geniales Gedicht nimmt, und es interpretiert. Ich versuche zu verstehen wie Schubert, oder Brahms oder Liszt zum Beispiel, dieses Gedicht interpretiert hat. Ich habe einen Abend gemacht wo ich gleichen Texten gesungen habe von lauter verschiedenen Komponisten. Der König von Thule zum Beispiel, das ist ja unfassbar wenn man zum Beispiel Schubert und Liszt vergleicht, da sind Welten dazwischen. Ich versuche dann zu verstehen was der Komponist wollte. Ich muss sowieso das machen was der Komponist wollte und versuchen, das möglichst gut bei mir selber zu finden. Oft verstehe ich nicht sofort warum der Komponist es so gemacht hat.

Fangen Sie an mit dem Text?

Ja, ich lese den Text und dann spiele ich das Lied mal durch… und denke darüber nach.

Sie denken also dann: warum steht hier eine Viertelnote, hier eine Pause usw.

Ja genau, ganz wichtig. Es ist auch wichtig die Noten ganz genau zu lesen. Ich mache auch immer alles ganz genau wie es drinnen steht, weil es sich meistens herausstellt dass der Komponist noch viel genialer ist als ich, ha, ha.

Ja, da gibt es viele Stellen wo die Sänger, auch die aller bekanntesten, andere Noten singen als da geschrieben stehen. Wenn man dann genau hinschaut sieht man zum Beispiel einen Punkt auf einer Note, die eine Betonung bedeutet, wie ein Ausrufezeichen.

Ja, da ist der Komponist wie ein Regisseur. Das ist eigentlich das Spannendste von dieser ganzen Sache. Dadurch lerne ich auch so viel, da denk ich: ‚aha, das habe ich bei mir noch gar nicht so empfunden‘.

Wie ist es bei Ihrer Zusammenarbeit mit Pianisten, die haben ja oft auch ihre Meinungen die vielleicht nicht mit Ihrer Meinung übereinstimmen.

Ja, ich bin oft am Diskutieren und je länger ich singe und je mehr Erfahrung ich habe, um so sturer werde ich. Ich gebe es ganz ungerne her. Aber ich habe Gott sei Dank phantastische Begleiter wie der Helmut Deutsch oder der Julius Drake die sich dann gegen mich auch aufstellen. Sonst überfahre ich die wahrscheinlich. Die sagen aber ‚nein‘ und ‚höre dir das mal an‘. Die kennen mich auch gut genug dass sie mich überzeugen, da habe ich schon sehr viel gelernt. Man muss, wie im Leben, auch über Dinge reden und gewisse Dinge aussprechen einfach um eine Lösung zu finden und man muss auch mal eine Kompromisse machen. Es eigentlich einen Workshop, man muss solche Pianisten auch erklären warum man das will, wir lernen eigentlich die ganze Zeit an einander.

Eine Pianistin hat mir mal gesagt: ‚wenn man das Tempo vom Pianisten bestimmen lässt, hat man als Sänger eigentlich schon verloren‘.

Man muss eigentlich so lange reden bis alle es wirklich akzeptieren. So lange es nicht akzeptiert ist, wird’s nämlich auch nicht funktionieren, dann spielt der Pianist vielleicht ein bisschen schneller, aber er spürt es nicht. Es gibt Lieder wo ich mit dem Helmut Deutsch jedes Mal anfange zu diskutieren, aber ich habe gelernt dass manche Lieder langsamer einfach besser sind, das man stretchen muss. Also mit dem Tempo muss es wirklich stimmen. Dass ist Körpersache, wie der Atem fließt, wenn das das Tempo nicht stimmt kann der Atem nicht fließen.

Jetzt wo wir von der Atmung sprechen: machen Sie jeden Tag Atemübungen?

Nein, ich übe eigentlich überhaupt nicht, ha ha.

Das mögen Sie nicht?

Nein, ich überhaupt keine Überin. Ich habe einfach keine Zeit dafür, ich hab ein Kind, auch wenn er jetzt grösser ist, der ist jetzt siebzehn.

Ja aber dann mögen Sie das Üben auch nicht sonst würden Sie die Zeit wohl finden.

Ja, wenn ich irrsinnig viel Zeit hätte dann würde ich vielleicht schon üben. Ich bin jetzt  nicht jemand er… Das heißt, es gibt auch wichtigere Dingen im Leben.

Es gibt ja Sänger die jeden Tag zwei drei Stunden üben.

Na ja, ich sage damit nicht das Üben schadet, es täte mir wahrscheinlich auch gut wen ich jeden Tag zwei Stunden übe. Nein, ich auch einfach zu müde auch.

Vielleicht brauchen Sie es auch einfach nicht.

Nun ja, ich glaube ich könnte schon manche Dingen besser singen wenn ich genau weiß bei jedem Ton was ich tue. Ich schau nur dass die Grundeinstellung von meinem Körper stimmt, dass der Sitz ungefähr da ist wo er sein sollt und dann singe ich damit. Aber natürlich ist es nicht so ausgefeilt. Ich könnte mich jetzt hinstellen und diesen Abend von Gestern ganz genau durcharbeiten, Note für Note, da brauchte ich sehr viel Zeit und die habe ich einfach nicht. Vielleicht tut man das wenn man keine Familie hat, oder wenn einem das Singen wirklich das Allerwichtigste auf der Welt ist. Wenn man jetzt eine Koloratursopran ist oder wenn man extreme Partien singt, vielleicht tut man das ja auch noch, aber ich bin ja Gottseidank Mezzosopran, hahaha. Ich singe ja wahnsinnig oft, ich muss das einstudieren, da singe ich, ich muss mich einsingen bei jedem Konzert, das dauert bei mir auch lang.

Das machen also Sie schon.

Ich brauche ein bis zwei Stunden bis ich wirklich eingesungen bin, der Körper ist zu faul, ich habe einen furchtbar faulen Körper. Ich könnte auch sagen: ich bin so entspannt die ganze Zeit, ha, ha.

Das hört sich viel besser an!

Und je älter ich werde, umso weniger will sich der Körper aufraffen, also es dauert einfach lange bis mein Körper so stark dasteht dass der wirklich funktionieren kann, diese ganzen Muskeln dass die sich Dehnen, das dauert eine Ewigkeit.

Und da benutzen Sie schon Vokalisen?

Mit Vokalisen kann ich nicht so viel. Da habe ich kein eigenes Buch, da benutzte ich kein Ritual, ich mache drei kleine Übungen und dann benutze ich meine Lieder. Ich singe die Lieder in Zeitlupe, ich singe einzelne Phrasen, ganz langsam und versuche sie zu positionieren, das ist ja auch Üben.

Gundula Janowitz hat mal während eines Meisterkurses bei der Schubertiade gesagt, man sollte nie mehr als 80% geben, des Volumens also. Wie stehen Sie dazu, bei Ihnen ist der Ton ja immer sehr schön, auch beim Fortissimo.

Ich weiß nicht ob die Frau Janowitz das jetzt wegen der Klangschönheit gesagt hat. Ich glaube eher das ist eine Auffassungssache, wie man damit umgeht, wie man sich präsentiert. Die Frau Janowitz ist natürlich noch aus einer Generation, diese Schwarzkopf, Ludwig, Janowitz-Generation, das war auch noch ein anderes Singen. Die haben phantastisch gesungen, die haben sicher jeden Tag geübt!

Aber mehr beherrscht?

Sehr beherrscht, so wie die Mode auch damals war, alles schön, die Damen haben diese schöne Frisur gehabt, man hat diese nette Kleider angehabt, das hat sich einfach alles geändert. Das hat jetzt gar nichts mit besser oder schlechter zu tun, sondern, es ist einfach anders ja. Dieses nicht mehr als 80% geben hat sicher auch was mit Stimmhygiene auch zu tun gehabt, das man sich sozusagen nicht verausgabt, das man noch eine Reserve hat, das es nie gut klingen kann wenn man wirklich auf 100% geht. Das könnte ich nicht, also gestern habe ich sicher 120% gegeben und zum Schluss ist mir dann auch die Energie total ausgegangen, also es war einfach die Energie weg, weil es auch das letzte Konzert nach einem Monat ich habe so wahnsinnig viel gesungen und jetzt habe ich Pause. Einen Monat eigentlich.

Jetzt wo wir darüber sprechen: wie haben Sie selber den Konzert empfunden?

Beim gestrigen Konzert bin ich viele Phasen durchlaufen weil ich eigentlich sehr erschöpft bin und mich nach Amsterdam geschleppt habe. Dann aber habe ich mich gefreut auf den Saal, ich mochte die Akustik und den Saal sehr gerne. Ich finde es wahnsinnig angenehm, für mich ist’s ja auch wichtig wo ich hin schaue, also das macht einen Unterschied  ob ich in ein schwarzes Loch starre oder ob die Wände hinten beleuchtet sind. Das ist für mich auch sehr schön.

Schöner als der kleine Saal im Concertgebouw?

Das ist jetzt lange her dass ich in dem kleinen Saal gesungen habe, das ist ganz anders, ich kann mich auch an die Akustik gar nicht mehr erinnern. Aber das ist anders, man hat mehr Kontakt mit dem Publikum im kleine Saal. Ganz allgemein, ich brauche das auch immer, ich muss die Leute sehen.

Schauen Sie sich die Leute an, auch die einzelne Leute?

Also nicht die einzelnen Leute, ich sehe einzelne natürlich, aber meistens wenn sie irgendwie auf sich aufmerksam machen Weil sie filmen und die Lampe blinkt oder weil sie husten oder weil sie ich weiß nicht was machen, aber ich brauche Kontakte. Ich erzähle schon Geschichten bei meinen Liederabende, dann ging‘s eigentlich sehr gut bei der Probe, da dacht ich, aha, es geht ja doch und dann ist das Konzert gekommen und da habe ich Schleim auf der Stimme bekommen, aber energetisch ist es sehr gut gelaufen die erste Hälfte. Und dann in der zweite Hälfte ist dann einen Energieeinbruch gekommen weil ich einfach schon mehr als 100% schon gegeben hatte. Da habe ich mir das nicht gut eingeteilt. Weil es so viel Spaß gemacht hat und ich habe einfach voll hineingehaut, und in der zweiten Hälfte habe ich dann richtig mit siebzig Prozent gesungen oder mit achtzig, weil ich eben gedacht habe sonst falle ich um.

Waren Sie so müde?

Ja, mir war nachher dann auch wirklich übel. Das kommt oft vor bei mir, ich bräuchte mal richtig Urlaub. Singen ist ja anstrengend, für mich wahnsinnig anstrengend.

Für manche ist das anders, denke ich, zum Beispiel bei Frau Astari die bei Ihnen im Vorprogramm war, vielleicht auch einfach weil die Stimmbänder kleiner sind.

Vielleicht ja, sie ist auch noch jünger als ich, ich bin mehr als doppelt so alt als sie. Also ab vierzig ändert sich was, das ist nicht nur bei mir so, das ist bei alle Frauen so. Meine Freundinnen die ganz andere Sachen als ich, die machen es einfach nicht so lange.

Ist das nicht psychologisch weil alles einfach nicht mehr so neu und aufregend ist? Ich kann immer noch sehr gut eine Nacht wachbleiben.

Ja, es geht ja, aber es regeneriert  sich einfach nicht mehr  so schnell, mit achtzig kann man ja überhaupt nicht mehr singen.

Es gibt welche dies es sicherlich noch können, Placido Domingo scheint mit siebzig und noch was doch stimmlich noch in bester Lage zu sein. ( Addendum: Oder Hugues Cuenod der bis in seinen  Neunzigern noch sang und mit vierundachtzig sein Debüt macht an der Met in New York als der Kaiser in Turandot und 108 Jahre wurde. )

Ja, aber es ist auch eine physische Veranlagung, ich glaube nicht dass jeder der will, das kann bis achtzig.

Ja, das ist möglich, aber sie kommen mir so energisch und gesund vor …

Bin ich ja auch!

… und so singen sie ja auch

Ich muss mich vielleicht daran gewöhnen keine außergewöhnlich anstrengende Sachen zu planen und mich auch einfach mal gut erholen, ja ich glaube es ist einfach das, ich muss mich mal gut erholen.

Merkwürdig was Sie sagen über den Konzert, denn mir ging‘s genau umgekehrt. Ich empfand die erste Hälfte als ein wenig unruhig und die zweite Hälfte gefiel mir wesentlich besser.

Den Eindruck den man selber hat vom Konzert muss überhaupt nicht zusammenhängen mit dem von anderen, das bestätigen mir auch viel Kollegen. Es ist oft so dass bei Opernarien wo man sich denkt ‚also da war ich wirklich phantastisch‘ gar nichts herüber gekommen ist. Oft sind Konzerte wo man sich schlecht fühlt unterm Strich besser als die wo man glaubt es ist ganz gut. Man darf halt nicht übermütig werden, man muss immer bescheiden bleiben, den Bogen nicht überspannen.

Die Aussage bezüglich der Bescheidenheit wundert mich, denn Sie sind ja überhaupt keine Diva.

Nein, aber ich (zögert kurz) … versuche das  auch wirklich zu behalten, das fällt mir jetzt nicht besonders schwer, es einfach was leichter zu nehmen, aber übe das schon in meiner Interpretation, die Wahrhaftigkeit und das ist gar nicht so leicht, sich selbst nichts vorzumachen. Nun ja, es gibt schon so Routineinterpretationen, wenn man ein Lied ganz oft gesungen hat. Aber ich versuche immer noch wahrhaftiger zu werden, ich möchte mal wissen wie weit das gehen kann. Dafür sind dann die Lieder geeignet und die Oper überhaupt nicht. Wie ein Schauspieler, so wahrhaftig, ich muss so wahrhaftig sein dass die Leute überhaupt nicht mehr merken dass ich ein Lied singe.

Dass sie so mitgenommen sind von der Geschichte…

Ja genau, dass sie so drinnen sind, und dann ist es ja auch spannend, wie ein einem Schauspielstück.

Ja das ist genau meine Auffassung, wie ich finde das es ein sollte. Das ist nur meine Meinung natürlich.

Ja, es darf auch jeder seinen eigene Meinung haben, also ich sage überhaupt nicht dass das was ich sage, richtig ist. Menschen sind total unterschiedlich und es gibt sicher viele die mit mir nichts anfangen können

Ja?

Ganz sicher. Das ist mit Jedem so, jeder Sänger hat glaube ich sein Publikum, also das Publikum sucht sich den diese Interpreten von denen sie sich angesprochen fühlen aus. Ich bin einmal eingesprungen für die Frau Lipovsek, lange her, bei der Schubertiade in Feldkirch. Ich bin hereingekommen und ich habe sofort gespürt: da sitzen ganz andere Menschen da drinnen und die sind nicht wegen mir gekommen sondern wegen der Frau Lipovsek. Da ist das mir wirklich bewusst geworden, ich glaubte immer da sitzen die gleichen Leute. Für die welche ein Abo haben in Brahms im Musikverein oder so, aber wenn man sich die Konzerte einzelnen zusammenstellt, dann eben nicht.  Jeder Künstler spricht ein andere Seelengemeinschaft an, und ich glaube dass manche vielleicht von meiner Direktheit überfordert sind, vielleicht wollen manche es lieber auf Distanz und können dann besser reflektieren, oder können aus einem  angenehmen Sopran vielleicht besser hören was ich wieder nicht verstehe. Das sind so Seelengruppen.

In der Oper haben sie oft Hosenrollen gesungen, bei Liedern machen Sie das eher selten. Barbara Bonney, die kennen Sie ja, die hat einfach die Dichterliebe gesungen. Wie stehen Sie dazu?

Ich mache auch die Winterreise jetzt. Das ist mein Projekt für 2014.

Die Winterreise ist auch ein bisschen anders als die Dichterliebe, weil sie oft nicht explizit Geschlecht-spezifisch ist.

Der Helmut Deutsch hat gestern noch darüber geredet weil er mich begleiten will. Ich hab’s mir zwar noch nicht so gut angeschaut aber eigentlich sind es die ersten vier Lieder aber dann löst es sich immer mehr auf, was die Geschlechter-Spezifik betrifft, nachdem kann man sagen es kann ja auch ein Junge sein. Im Grunde, warum es in der Winterreise geht, das sind ja eher menschliche Dinge, diese Empfindungen haben Frauen ja genauso, deswegen können sie sich angesprochen fühlen. Das war auch üblich früher, es war 1920 oder 1930 total normal.

Danach hat es sich aber vieles geändert.

Ich weiß nicht was dann passiert ist, ich bin kein Musikwissenschaftler, dann wurde alles so, dann kam der Liederabend auch plötzlich. Früher haben die alle mit Notenständer gesungen und querdurch und dann hat’s noch ein Quartett dazwischen gegeben, da gibt’s Programme da haben die jeden Tag ein andere Liedabendprogramm gesungen, das geht natürlich nur wenn an mit Noten singt. Und wirklich durchgemischt, da war das noch so lebendig und Leben-integriert und dann kam dieses heilige … dieses Messias-Ding, jeder denkt ernsthaft er hätte die Weisheit gepachtet.

Das fing an mit Dietrich Fischer-Dieskau?

Oder auch vorher glaube ich schon. Das ist so eine Kultur geworden, wo es einen Gott gegeben hat der alles richtig gemacht hat, das Maß aller Dinge.

Da muss ich doch werklich an Dietrich Fischer-Dieskau denken.

Der war je auch wunderbar aber das war ja auch, natürlich dieses Heere, natürlich sehr durchdacht alles, und jedes Wort wurde interpretiert und so. Aber das war je nicht nur er, aber wirklich ich verehre ihn sehr, das darf man überhaupt nicht falsch verstehen, aber das hat sicher wieder etwas von dieser Spontanität weggenommen. Diese Art mit Liedern umzugehen, das war ja nicht nur er sondern es hat auch noch ganz andere gegeben, und jetzt singen auch Frauen die Winterreise .

Nochmal zu Ihrer Stimme, die klingt immer schön, egal was Sie machen. Das muss zu einem großen Teil zusammenhängen mit Ihrer Resonanz, also mit dem Teil Ihrer Stimme der von den Genen vorgegeben ist. Andererseits, der Peter Schreier sagt ‚man muss den Mut haben um auch hässliche Töne zu machen‘ (im nächsten Interview, dass man hier findet). Wie sehen Sie das?
Ja vielleicht hat er recht, mir ist es gar nicht wichtig, ob die Stimme jetzt schön oder hässlich klingt. Ich bin die letzte die Schonklang haben will, ich habe auch schon viele Dinge geopfert in der Oper. Ich muss nur den Ton richtig singen, ich meine, ich muss ihn einfach richtig positionieren, sonst tut mir auch die Stimme weh, und das versuche ich natürlich schon zu vermeiden. Ich kann aber auch Töne flüstern oder hauchen oder ich arbeite sehr mit der Sprache auch mit der Aussprache. Meine Stimme jedoch kann ich nicht ändern. Ich unterbrechet jetzt auch seit vier Jahren in Meisterkursen, und die meisten jungen Sänger versuchen am Anfang immer einen Ton zu erzeugen, die wollen schön klingen. Das war bei mir genauso. Zuerst habe ich so gesungen (macht leichten heiser Sopranton, wie ein Kind-Stimme) und nach einen halben Jahr heb ich so gesungen (macht sehr schweren alt-Ton). Samson et Dalila Mon coeur souffre à ta voix und Carmen, das war natürlich ein völlig falscher Weg. Das habe auch ich mir nicht ausgesucht sondern mein Lehrer damals, aber immer auch Lieder. Im Laufe meines Studiums, über Jahre, habe ich mich dann zu Cherubino hin entwickelt, weil die Stimme immer schlanker wurde und dies ist, würde ich sagen, entspannt und bequem.

Und sie hat sich so ergeben, die haben Sie mehr oder weniger gefunden, die haben sie nicht machen wollen aber…

Ich habe oft gehört dass die Stimme schön klingt, aber nun ja habe ich vielleicht Glück gehabt dass es schön klingt aber ich finde, das ist gar nicht wichtig. Nun ja hinderlich ist es nicht um wirklich Ausdruck zu machen, etwas zu sagen. Es ist aber ein Sprachrohr, es ist ja nur dieses Ding wo die Emotion durchgeht, und sich äußert und jeder macht‘s mit seiner Stimme.
Ich bin überzeugt dass die Botschaft genauso ankommt von einer nicht so schönen Stimme. Ich habe zum Beispiel eine Winterreise gehört mit dem alten Patzak, wo der Jörg Demuss spielt, da war er alt, mit dem Wiener Slang, da singt der alte Mann fast ohne Stütze, fast gesprochen, aber es ist etwas was mich total trifft. (Siehe hier.) Ich brauche es überhaupt nicht, das schöne Singen. Ich finde ich muss bei mir manchmal aufpassen. Gestern habe ich mehr mit Fokus gesungen aber ich habe auch eine Zeit gehabt  wo ich das Singen manchmal vergessen habe, wo ich dachte ich muss schon noch singen, sonst ist es ein Schubert-Rezitativ, ich bin keine Schauspielerin.
Also, ich wäre am liebsten eine Schauspielerin. Es wäre mir viel lieber wenn ich nicht singen müsste, ha, ha, ha. Das Leben wäre einfach viel leichter, ohne diese körperliche Anstrengung. Es ist mein Mittel mich auszudrücken. Es hält mich auch bei der Disziplin, wenn ich Schauspielerin wäre, wäre ich schon längst versackt irgendwo. Ich lebe so gerne aber beim Singen muss man sich einfach unter Kontrolle halten, Disziplin zeigen und genug schlafen und nicht zu viel trinken und nicht zu viel rauchen. Ein Schauspieler kann auch Sprechen mit einer heiseren Stimme, diese körperliche Disziplin geht mir manchmal schon sehr auf die Nerven.

Kneipenbesuch kann sicherlich sehr schlecht für die Stimme sein. Ich war vorgestern ein paar Stunden in einer Kneipe und am nächsten Tag war meine Stimme total weg. Ich hab’s aber gemessen mit meinem Dezibel IPhone app: da war’s auch 95 dB und mehr und das ist heute zu Tage oft so in Kneipen und auf Feten.

Furchtbar. Obwohl: Ich habe auch schon einen Rosenkavalier gesungen – ich sage jetzt nicht wann und wo – wo ich die ganze Nacht unterwegs war und morgens um acht in der Früh nach Hause gekommen bin. Ist aber schon viel Jahre her. Ich bin um acht nach Hause gekommen und habe mich dann ins Bett gelegt, die Vorstellung hat um sechs begonnen und da habe ich echt geglaubt ich sterbe, und das war einer meinen besten Vorstellungen.

Dann fragte Angelika Kirchschlager wie spät es war – viel zu spät - nahm herzlich aber sehr schnell Abschied. Weg war sie, mich zurücklassend in der verwirrenden Überzeugung eine Frau kennengelernt zu haben, die zugleich ganz sich selbst ist und sich in aller Bescheidenheit dennoch manchmal so zeigt wie wir’s auf der Bühne so gerne sehen möchten.

Bewerking van een detail van het manuscript van 'An die Musik' met de woorden 'Du holde Kunst' in het handschrift van Schubert

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